Kobalt-Lunge durch E-Zigarette

2022-04-22 19:55:00 By : Ms. Claude Hu

San Francisco – In Kalifornien ist eine regelmäßige Konsumentin von E-Zigaretten an einer interstitiellen Riesenzell-Pneumonie erkrankt, die die Ärzte im European Respiratory Journal (2019; DOI: 10.1183/13993003.01922-2019) auf die Freisetzung von Kobalt und anderen Schwermetallen aus der Heizspirale zurückführen. Die Erkrankung ähnelt einer Schwer­metall-Pneumokoniose, die Arbeitsmediziner auch als Kobalt-Lunge bezeichnen.

Die 49 Jahre alte Frau hatte sich wegen zunehmender Atemnot vorgestellt. Außer einem nichtproduktiven Husten und Pfeifen/Giemen wies sie keine weiteren Symptome auf: Bei der Untersuchung kam es nach einem kurzen Gehtest zu einem Abfall der Sauerstoff­sättigung von 97 auf 87 Prozent. Die Lungenfunktionstests zeigten eine schwere restriktive Lungenerkrankung mit Abfällen der FEV 1 auf 50 Prozent, der FEV 1/FVC 81 auf Prozent und der totaler Lungenkapazität auf 56 Prozent der zu erwartenden Werte. Die Diffusions­kapazität für Kohlenmonoxid war auf 27 Prozent abgefallen. Das CT zeigte eine Milchglastrübung, die kennzeichnend ist für eine mangelnde Belüftung der Lungenalveolen.

Eine mögliche Ursache ist eine interstitielle Lungenerkrankung, bei der sich die Streben im bindegewebigen Gerüst der Lunge vergrößern, was die verminderte Sauerstoffaufnahme erklären würde. Eine Lungenbiopsie zeigte das Bild einer interstitiellen Fibrose mit intraalveolären Makrophagen und mehrkernigen Riesenzellen. Diese Riesenzellen sind typisch für eine Schwermetall-Verletzung der Lungen.

Das Team um Kirk Jones von der Universität von Kalifornien in San Francisco ließ daraufhin das Liquid der E-Zigaretten untersuchen. Es enthielt erhöhte Konzentrationen von Nickel (mittlere Konzentration 30443 ppb), Aluminium (15360 ppb), Mangan (3231 ppb), Blei (1652 ppb), Kobalt (654 ppb) und Chrom (381 ppb).

Die Mediziner halten Kobalt für den wahrscheinlichen Auslöser der interstitiellen Riesenzell-Pneumonie, da das Krankheitsbild sie an die Kobalt-Lunge erinnert, die bei Minenarbeitern auftritt. Da die Anamnese keine Hinweise auf eine andere Schwer­metallexposition in Beruf oder Freizeit ergab, kommen nur die E-Zigaretten als Auslöser infrage.

Jones vermutet, dass die Metalle von den Heizspiralen oder von den Metallwänden der Kapseln freigesetzt werden. Bemerkenswert ist, dass zum Verdampfen von Cannabis-Öl höhere Temperaturen (230°C) benötigt werden als zum Verdampfen von Nikotin (100 bis 185°C). Dies könnte erklären, warum die meisten EVALI-Fälle („e-cigarette, or vaping, product use–associa­ted lung injury“) bei Cannabis-Konsumenten aufgetreten sind. Es wäre allerdings voreilig, von der Untersuchung einer einzelnen Patientin auf alle etwa 2.000 EVALI-Fälle zu schließen, die bisher vor allem in den USA aufgetreten sind. Andere Studien haben die Erkrankungen mit Tocopherolacetat (Vitamin-E-Acetat) in Verbindung gebracht, das dem Cannabis-Öl zugesetzt wird. Auch eine Lipoid-Pneumonie, bei der sich die verdampften Öle auf den Atemwegen absetzen, wird diskutiert.

Die Patientin hat sich übrigens nur teilweise von der Erkrankung erholt. Die Lungenfunktion hat sich zwar etwas verbessert. Die Lungenveränderungen im CT zeigen nach 30 Monate jedoch weiter eine schwere interstitielle Lungenschädigung an, die laut Jones wohl lebenslang bestehen bleiben wird. © rme/aerzteblatt.de

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