Wenn ein Tulpenblatt zu Kunst wird: Ausstellung von Herbert Stahl und Ortrud Müller-Heffter - Traunsteiner Klosterkirche

2022-07-01 18:27:22 By : Mr. Rex Chang

"Versuche mit dem Paradies" haben Herbert Stahl und Ortrud Müller-Heffter ihre aktuelle Ausstellung überschrieben, die noch bis 26. Mai in der Traunsteiner Klosterkirche zu sehen ist. Die Goldschmiedin aus München verortet ihr Paradies dabei ganz offensichtlich in erlesenen und kunstvoll zusammengesetzten Schmuckstücken, die sie aus antikem Gold und Glasfunden komponiert und mit Fundstücken aus der Natur, Federn und künstlerisch bearbeiteten Holzgründen in Szene setzt. Ein Blick in die Vitrinen in der Klosterkirche gleicht einer Reise in fremde Welten und Zeiten, in die uns Artefakte mit einer besonderen Strahl- und Aussagekraft mitnehmen.

Der Künstler Herbert Stahl aus Chieming, der als Vorsitzender den Kunstverein Traunstein zu neuer Blüte gebracht hat, verfolgt einen anderen Weg. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Natur, mit Strukturen und der Ästhetik dieser Strukturen. Ebenso geht es um die besondere Ästhetik der Vergänglichkeit. Die in der Klosterkirche gezeigten Fotografien, Zeichnungen und Installationen sind in den letzten drei Jahren entstanden.

Besonders eindrucksvoll sind dabei die vielen wie in einer botanischen Sammlung nebeneinander aufgereihten Kästen mit getrockneten Blättern unterschiedlicher Tulpen. Stahl setzt die Ästhetik kunstvoll aufgereihter Blütenreste in reizvollen Kontrast zu Fotografien, auf denen diese Blätter in stark vergrößertem Maßstab jedes Detail erkennen lassen. Installationen mit Blütenblättern in Mauernischen wiederum entfalten eine besondere ornamentale Kraft und Anmutung.

Wie ein Bewusstseinskartograph umkreist Stahl die Objekte seiner Faszination noch in mehrfacher Weise. So als wolle er die unterschiedlichen Dimensionen der Wahrnehmung ausleuchten, erfassen und anschaulich machen. In seinen Handzeichnungen lässt er aus Linien, Konturen und Schraffuren Blüten und vegetabile Gebilde entstehen. In Linien-Bilder spürt er Schattenkonturen nach, die schließlich in immer freierer Gestaltung eine ganz neue künstlerische Aussage finden. Exotisch und zugleich von einer Aura des unbewusst Unheimlichen umgeben, wirken die getrockneten Bananenblätter. Sie werden als Objekte in Vitrinen aufgereiht und fotografisch an der Wand gespiegelt.

Ergänzt durch Fotografien von besonderen Naturräumen, etwa den mit einem weißen Strich markierten, besonders schutzwürdigen Bäumen am Langbürgener See, animiert Stahl zum achtsamen Umgang mit der Natur, zum genauen Hinsehen und zum Vergegenwärtigen der übergeordneten großen Zusammenhänge.

Von daher ist die Ausstellung auch als eine Einladung zum Neuentdecken der Natur und zu einem bewussteren Umgang mit ihr zu verstehen. Sie ist ein Paradies, das wertvolle und besondere Schätze birgt, aber auch verloren zu gehen droht.Axel Effner Bis 26. Mai in der Traunsteiner Klosterkirche, Ludwigstraße 10, geöffnet täglich 11-18 Uhr