Werdohl - Eine weltweit einzigartige Vertikalanlage zum Glühen von Edelstahlbändern ist am Freitag in Werdohl offiziell in Betrieb gegangen: In einem Festakt hat VDM Metals die in zweieinhalbjähriger Bauzeit mit einem Kostenaufwand von 21 Millionen Euro errichtete Blankglühlinie ihrer Bestimmung übergeben. Sie ersetzt eine horizontale Anlage aus dem Jahr 1977.
„Wir wollen der führende Anbieter von Produkten, Lösungen und Dienstleistungen in der Welt der metallischen Hochleistungswerkstoffe werden“, eröffnete Dr. Niclas Müller, der Vorsitzende der VDM-Geschäftsführung, die Feier am nördlichsten Zipfel des Werksgeländes, wo schon seit einigen Monaten ein großer blauer Turm in den Himmel ragt. „Diese Blankglühlinie ist dabei ein ganz wesentliches Puzzleteil, weil sie unsere Kapazitäten, unsere technischen und qualitativen Fähigkeiten deutlich verbessert“, sagte er.
Investitionen in dieser Größenordnung seien normalerweise ausgelegt auf einen Zeitraum von 30 bis 40 Jahren. „So gesehen, ist das auch eine ganz starke Verpflichtung für den Standort Werdohl“, erklärte Müller.
Das waren Worte, die Bürgermeisterin Silvia Voßloh gerne hörte. Sie wertete das Engagement des Unternehmens als „gutes Zeichen für die Stadt, ihre Bürger und Familien“. Diese Investition in die Zukunft werde auch Arbeitsplätze sichern, sagte sie und bewertete auch, was der 51 Meter hohe blaue Turm bedeute: „Er ist nicht nur stadtbildprägend, sondern auch ein Leuchtturm für den Industriestandort Werdohl und die Region Südwestfalen.“
Rolf Schencking, Technischer Geschäftsführer von VDM Metals, erklärte, welche Vorteile der zusammen mit dem österreichischen Industrieofen-Spezialisten Ebner entwickelte Vertikalofen hat: eine stark erhöhte Produktivität und eine längere Lebensdauer der Muffel genannten hitzebeständigen Ofeneinsätze, für die übrigens VDM selbst den Hochtemperaturwerkstoff geliefert hat. Schencking bezeichnete das als Quantensprung.
Beim Bau der Anlage, die das Herzstück der Bandfertigung bei VDM bildet, seien außerdem alle technischen Maßnahmen zur Verbrauchsreduzierung und zum Ressourcenschutz ergriffen worden.
Über die Effizienz und Energieverbrauch sprachen auch VDM-Fertigungsleiter Olaf Kazmierski und Dr. Alfred Heinz, Technischer Leiter des Herstellers Ebner. Erwartet habe VDM durch die neue Glühlinie eine Leistungssteigerung von 30 Prozent, tatsächlich liege sie bei mindestens 40 Prozent. Und durch Nutzung der Abwärme könnten jährlich 1700 Tonnen CO2 eingespart werden. Kazmierski sprach von einem „Meilenstein in Sachen Effizienz und Umgang mit Ressourcen“.
Heinz wies auf die Besonderheit der Anlage mit Doppelmuffel-Konzept und Glühtemperaturen von bis zu 1230 Grad hin. „Diese Anlage ist wirklich einzigartig auf dem ganzen Globus“, versicherte Heinz.
Kazmierski erläuterte die Funktionsweise der Glühlinie, in der kaltgewalzte Edelstahlbänder bis zu 830 Millimeter Breite und mit einer Dicke von 0,4 bis 4 Millimeter behandelt werden können. Der Glühraum sei mit Wasserstoff als Schutzgas gefüllt, um eine Oxidation der Bänder während des Glühvorgangs zu verhindern. Das erspare das früher notwendige Nachbearbeiten durch Beizen oder sogar Schleifen des Materials. Die so produzierten blanken Stahlbänder geben der Anlage ihren Namen.
Die anspruchsvolle Konstruktion umfasst neben dem eigentlichen Glühofen auch zwei Schlingenspeicher, die dafür sorgen, dass das Band im Ofen kontinuierlich und ohne Unterbrechung behandelt werden kann, während im Einlauf oder Auslauf die Bandstahlrollen gewechselt werden. Bis zu vier Rollen können sich dabei gleichzeitig in der Anlage befinden. Weitere Prozesse wie Entfettung und Reinigung schließen sich direkt an die Glühlinie an.
Die neue Glühlinie, untergebracht in einer 73 mal 14 Meter großen Halle unmittelbar neben der Vorthbrücke, eröffnet VDM jetzt vielfältige neue Möglichkeiten, das Produktportfolio kann erweitert werden. In der Endlosbandproduktion werden extrem korrosions- und hitzebeständige Werkstoffe für die Weiterverarbeitung in der Elektroindustrie gefertigt, beispielsweise für die Herstellung von Cerankochfelder. Abnehmer hat VDM aber auch in der chemischen und petrochemischen Industrie oder in der Automobilindustrie.